Das Ruhrgebiet ist nicht nur liebens- sondern auch sehr lebenswert. Auf unserer Tour zeigen wir euch Kunst, Kultur und Wohnen in Essen. Auf geht’s.
Wie wollen wir leben und wohnen?
Die Frage habe ich mir zuletzt gestellt, als bei uns neue Nachbarn einzogen. Weder wusste ich, dass die alten ausgezogen waren, noch haben sich die neuen vorgestellt. Ein Grund, sich mal mit alternativen Wohnprojekten und kreativen Konzepten zu befassen. In Essen gibt es tatsächlich zwei sehr coole Projekte, die die Stadt meiner Meinung nach besonders lebenswert machen und die Antwort geben auf die Frage: „Wie wollen wir gemeinsam leben, arbeiten und kreativ sein?“ Aber wer jetzt nicht gleich umziehen will, dem kann ich unseren Wochenend-Ausflug wärmstens empfehlen. Neugierig? Dann nehme ich euch gerne mit auf eine Tour durch das Unperfekthaus und das GeKu- Haus in Essen.
Alternativ Wohnen und Arbeiten in Essen
GeKu – das steht für GenerationenKulthaus und ist ein Wohnprojekt mitten in der Essener Nordstadt. Der Gründer des Hauses Reinhard Wiesemann hat schon einige kreative Projekte in Essen umgesetzt. Und mit dem GeKu Haus hat er ein für mich einzigartiges Wohnkonzept entwickelt. Ziel war es, Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zu verbinden und ein Wohnumfeld zu entwickeln, das für Jung und Alt gleichermaßen attraktiv ist. Und so hat das Haus nicht nur Gemeinschaftsräume, eigenständige Wohnungen und WG-Zimmer, sondern auch eine Co-Working-Etage, in der nicht nur Bewohner arbeiten können – auch Externe können einen Schreibtisch oder gar ein ganzes Büro mieten.
Das GeKu Haus
Als ich vom Projekt hörte, war mir klar, das möchte ich gerne näher kennen lernen. Und nichts leichter als das: Jeden ersten Samstag im Monat kann man an einer Führung durchs Haus teilnehmen.
Und so ziehe ich an einem frühen Samstag Morgen los nach Essen. Vom Bahnhof aus geht es zu Fuß durch die Essener Innenstadt, vorbei an den schicken Geschäften, rein in die Essener Nordstadt. Sicher keine Vorzugswohngegend, so auf den ersten Blick. Aber man merkt auch direkt, dass hier etwas im Wandel ist.
Das Haus selbst ist ein umgebautes Büro- und Geschäftsgebäude, das auf den ersten Blick von außen wenig Charme versprüht – gäbe es unten im Erdgeschoss nicht das tolle und sehr hippe Café Konsumreform.
Café und Trödel Konsumreform
Unten im Erdgeschoss des GeKu Hauses befindet sich das Café und Trödelgeschäft Konsumreform. Hier ist Jedermann willkommen – also nicht nur Bewohner. Aber ich habe spontan das Gefühl, dass dieses Café zu meinem zweiten Wohnzimmer werden würde, würde ich oben drüber wohnen 🙂
Vorne Café, hinten Trödelladen – mit anderen Worten: genau mein Ding. Jeder kann hier Regalfächer anmieten und seine Sachen verkaufen lassen. Daher findet sich hier wirklich alles: von alter Bravo-Hits-CD, Vintage-Klamotten, Räucherstäbchen bis hin zu handgemachtem Schmuck.
Im Café vorne gibt es eine große Vitrine mit all den herrlichen Leckereien. Es gibt viele verschiedene Sorten Quiche – wie wäre zum Beispiel einer mit Fenchel und Traube? – frische Suppen, Smoothies, Salate und natürlich jede Menge hüftgoldverdächtiger Kuchen. Der Schokokuchen mit Erdnuss-Topping schmeckt genial und viel besser als jedes Snickers 😉
Die Führung durch das Haus
Um 11 Uhr geht es vor der Haustür los und die Führung beginnt. Wir beginnen in der Wellness-Etage und bestaunen hier Sauna und Massage-Liegen – wo hat man schon so etwas? Von da aus geht es schnurstracks in der WG-Etage des Hauses. Hier können einzelne Zimmer angemietet werden. Die coolen Graffiti an der Wand und der Multimedia Raum begeistern uns alle sofort. Im 4. Stock befindet sich die Co-Working-Etage. Hier kann man auch als Nicht-Bewohner einen Arbeitsplatz mieten und arbeiten. Kaffee, Ausblick über Essen und eine rundum-Terrasse inklusive.
Und dann ist da natürlich noch das absolute Highlight: die Loft-Etage ganz oben im Haus mit Panorama-Ausblick und Dachterrasse. Hier befindet sich die große Gemeinschaftsküche des Hauses, die alle nutzen können.
Wir hören, wie das mit dem Zusammenleben so funktioniert und dass es natürlich nicht nur alles eitel Sonnenschein ist. Aber aus den Gesprächen und der Rundführung höre ich heraus, dass hier Menschen unterschiedlichsten Alters und Hintergründen zusammen leben. Es gibt keine Verpflichtungen, jeder kann selbst entscheiden, wie viel er in die Gemeinschaft einbringt. Aber wem die Decke in den eigenen vier Wänden auf den Kopf fällt, der findet in der Küche auf jeden Fall Gesellschaft.
Der Gründer des GeKu Hauses hat vor Jahren bereits ein anderes spannendes Konzept umgesetzt und zeigt hier auf spannende Art und Weise, wie man Leben in der Stadt vielfältig gestalten kann. Das Unperfekthaus ist das „Schwesternhaus“ des GeKu Hauses und zu Fuß nur einen Katzensprung entfernt.
Das Unperfekthaus – Paradies für alle Kreative
Auf also zum Unperfekthaus – ein Haus voller Inspiration, Künstler, Selbstständiger und Kreativer. Und das Beste ist, dass es für alle offen ist. Ich glaube nicht, dass man an dieser Fassade versehentlich vorbeilaufen kann. Das auffällig gestaltete Haus wirkt fast wie ein Produkt aus Berlin-Kreuzberg. Aber erstmal zahlt man Eintritt für das Haus.
Mit dem gezahlten Eintritt kann man nicht nur das ganze Haus erkunden, sondern bekommt direkt noch eine Getränke-Flat dazu. Überall kann man sich an den Getränkestationen mit Heiß- und Kaltgetränken versorgen. Also habe ich mir gleich mal einen Kaffee geschnappt und bin losgezogen. Die vielen Flyer, Wanddesigns, Poster, Gemälde, Skulpturen und Hinweisschilder erschlagen einen fast vor Kreativität und Inspiration. Am liebsten will man selbst gleich loslegen. Stattdessen schaue ich einigen Künstlern in ihren kleinen Ateliers bei der Arbeit über die Schulter. Überall gibt es unterschiedlichste Kunstwerke – von Ölgemälde bis Schmuck – zu bestaunen und natürlich auch zu erwerben. Am Samstag herrscht hier überall eine gemütliche Geschäftigkeit. In den unteren Etagen hat sich eine Firma Seminarräume gemietet, in anderen Räumen tagt ein Verein und im Wintergarten sitzen Leute in Sweater hinter ihrem Laptop und arbeiten. Ich kann mir selbst auch kaum einen inspirierenderen Ort vorstellen.
Vom Wintergarten kann man übrigens auf die Dachterrasse. Auch wenn es noch etwas kalt ist Anfang Februar, muss ich einmal kurz Stadtluft schnuppern. Wie cool es wohl hier im Sommer ist? Mega- da bin ich sicher. Unten im Haus ist ein richtig schönes Café mit der Möglichkeit, sich morgens, mittags und abends für ein paar Euro extra am reichhaltigen Buffet zu bedienen.
Dass es WLAN gibt, ist irgendwie fast schon selbstverständlich, oder?
Noch mehr Wichtiges zum Unperfekthaus
Einzelne Räume können im Unperfekthaus für Veranstaltungen gebucht werden. Der Veranstaltungskalender ist prall gespickt mit den verschiedensten Events. Schaut doch mal rein.
Und sonst? Es gibt noch mehr Projekte vom Gründer des Unperfekthauses und des GeKu Hauses Reinhard Wiesemann. Fragt doch einfach mal im Unperfekthaus nach dem Flyer und mehr Informationen.
In aller Kürze
Was? Eine kleine Tour durch die lebenswerte Ruhrmetropole Essen.
Für wen? Für alle die, die mal eine etwas anderes Route durch Essen drehen wollen. Oder die, die einen Platz zum kreativ sein suchen. Oder für all die, die wir noch von der Liebens- und Lebenswürdigkeit des Potts überzeugen müssen. 🙂
Wo?
Das GeKu Haus mit darin dem Café Konsumreform findet ihr hier: Viehofer Straße 31
Das Unperfekthaus ist unweit hiervon entfernt auf der Friedrich-Ebert-Str. 18-26.
Wann? Führungen durch das GeKu Haus gibt es an jedem ersten Samstag im Monat um 11 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Das Café Konsumreform ist von Montag bis Samstag von 10-19 Uhr geöffnet. Weitere Infos findet ihr hier.
Was noch mehr? Bis zum 12.3. könnt ihr einen Besuch im Unperfekthaus oder im Café Konsumreform doch auch prima mit dem Parkleuchten im Gruga-Park verbinden.